Macht ein Rootserver für meine Webagentur und meine Kunden Sinn? Eine Entscheidungshilfe für Web- und Werbeagenturen zum Betrieb eines eigenen (virtuellen) Rootserver.
Was ist ein Rootserver
Rootserver sind ein Hostingangebot, in welchem ein Provider einen virtuellen Server oder einen kompletten physischen Server fertig mit einem Betriebssystem, Webserver, Datenbank (oft mySQL) und diversen vorkonfigurierten Softwarepaketen (bspw. Perl, PHP, etc.) anbietet. Der monatliche Mietpreis enthält i.d.R. den Serverstellplatz, Klimatisierung und Strom. Der Kunde erhält auf dem Server komplette Administrationsrechte (unter Linux nennt sich der Administrator "root", daher der Name "Rootserver") und in vielen Fällen optional eine Software zur Serveradministration (bspw. Plesk, Confixx oder andere). Der Provider übernimmt oft nur noch die Aufgabe, den Server auf Anforderung neu zu starten und kümmert sich um den Austausch fehlerhafter Hardwarekomponenten. Für den Betrieb ist der Kunde selbst verantwortlich.
Damit grenzen sich Rootserver von betreuten Hostingangeboten ab, in welchen der Kunde oft nur FTP-Zugangsdaten erhält und lediglich Domains auf seinen Namen reservieren kann. Auf der anderen Seite betreut der Provider im Unterschied zu sg. "Serverhousing"-Angeboten, welche lediglich die Bereitstellung eines Platzes, Strom und Datentransfer für einen vom Kunden bereitgestellten und gepflegten Servers beinhalten, die Hardware des Rootservers.
Wann ist ein Rootserver sinnvoll
Interessant ist die Nutzung von Rootserverangeboten für Webagenturen oder für einzelne Kunden in folgenden Fällen:
- es werden viele verschiedene Websites mehrerer Kunden oder eines Kunden gehostet
- durch viele Besucher oder komplexe Anwendungen wird die CPU oder der Hauptspeicher des Servers stark beansprucht (bspw. weil dynamisch PDFs generiert werden, Bilder skaliert werden oder aufwendige Datenbankabfragen stattfinden)
- es soll selbst erstellte oder höherwertige Software auf dem Server installiert werden
- der Server muss mit externen Anwendungen wie SMS-Gateways, Logistik-Tracking-Systemen, Payment- und Bonitätsprüfungen oder anderen Datenbanken kommunizieren
- der Server beherbergt spezielle, stark frequentierte Internetdienste wie IRC, Gameserver, News, E-Mail, etc.
Rootserver Vorteile
Die Vorteile eines gemieteten Rootservers gegenüber betreuten Hostingangeboten oder dem Serverhousing sind folgende:
- es wird (oft) aktuelle Serverhardware gemietet, welche ggf. später automatisch aufgerüstet wird
- es gibt keine künstlichen Beschränkungen
- der Server muss nicht mit anderen Kunden geteilt werden; vor allem kann kein anderer Kunde für einen Ausfall des kompletten Servers sorgen
- oft kann sehr viel Datentransfer (Traffic) über den Server laufen (i.d.R. ein Terrabyte)
Virtuell oder Physisch?
Mit einem physischen Rootserver wird ein wirklich eigenständiger Server gemietet, d.h. die komplette Hardwareleistung des Systems kommt dem jeweiligen Mieter zu Gute. Im Unterschied dazu Virtuelle Rootserver: Hier teilen sich mehrere Kunden einen Server. Allerdings ist der Server "Virtualisiert", d.h. jeder Mieter erhält (aus seiner Sicht) ein eigenes Betriebssystem und kann seinen Server komplett selbst verwalten. Vom Speicher und CPU-Leistung erhält der Mieter einen vorher vereinbarten und zugesicherten Teil. D.h. selbst wenn ein Mieter seinen virtuellen Server komplett auslastet, sind - im Unterschied zu virtuellen Hosting - andere Mieter davon nicht betroffen.
Sind also zugesicherter Speicher und CPU-Leistung für die geplanten Anwendungen nicht ausschlaggebend, stellt ein virtueller Rootserver eine ernstzunehmende Alternative dar.
Pflichten als Rootserver-Administrator
Da der Provider eines Rootservers nicht für dessen softwareseitigen Betrieb zuständig ist, muss der Mieter eines (virtuellen) Rootservers alle notwendigen Aufgaben zur Serververwaltung und -kontrolle übernehmen. Dazu gehören folgende Aufgaben:
- Backuperstellung und Wiedereinspielung von Backups
- Absicherung des Servers vor Angriffen von Hackern, Viren und anderen Schädlingen
- Einspielen von Updates oder neuer Software
- Verwaltung des Servers (bspw. Domains, E-Mail-Einrichtung, Datenbanken, Webserverkonfiguration, etc.)
Bevor ein Rootserver gemietet wird, sollten daher folgende Fragen beantwortet werden können:
- Wie sollen Backups erstellt werden und wo werden diese gesichert? Der Server selbst wäre übrigens ein denkbar ungeeigneter Ort, besser sind Backupspaces auf einem zweiten Server, Download, RAID-Systeme, etc.!
- Wie oft werden die Backups erstellt? Unter Berücksichtigung der Datenmenge und ggf. der Zeit zur Backuperstellung sind auch verschiedene Datenarten zu unterscheiden: D.h. Datenbanken mit Bestellungen sollten eventl. ständig gesichert werden, eine Kopie der Festplatte nur einmal wöchentlich erstellt werden.
- Was sollen Backups enthalten? Eine Kopie der Festplatte, nur Datenbankdaten, etc..
- Kann der Rootserver selbst einwandfrei verwaltet werden? Gibt es einen Administrator, der sich mit dem Serverbetriebssystem auskennt und (vielleicht einen Test) beweisen konnte, dass er die Funktionsweise des Servers kennt.
- Kann sichergestellt werden, dass der Rootserver im Ernstfall innerhalb einer festgelegten Zeitspanne wieder in Betrieb genommen werden kann? Es sollte ein Notfallplan existieren, welcher festlegt, wer für welche Funktionen verantwortlich, wie und wo er erreichbar ist und wie ggf. Kunden informiert werden.
Böse Fallen
Zu den Klassikern der gängigen Rootservererfahrung gehören folgende Dinge - bereiten Sie sich darauf vor:
- der Server fällt aus und es existiert kein Backup
- eine Hardwarekomponente fällt aus und der Provider schiebt erstmal alles auf irgendeine installierte Software
- durch wildes Herumprobieren auf einem Liveserver werden unabsichtlich Kundendaten gelöscht - der Kunde merkt dies zuerst, allerdings erst nach einem Monat
- der Server ist permanent ausgelastet, langsam und der Administrator findet die Ursache nicht
Checkliste zur Rootserverauswahl
Um selbst zu prüfen, ob ein Rootserver - trotz aller genannten Vorteile - die erste Wahl ist, soll folgende Checkliste helfen:
- Gibt es einen (ständig verfügbaren) Administrator mit tiefen Kenntnissen des Rootserverbetriebssystems?
- Wurde bereits vorher zum Test lokal ein Webserver aufgebaut und in Betrieb genommen?
- Gibt es andere Mitarbeiter eine Minianleitung, wie der Webserver neu gestartet wird, E-Mails eingerichtet oder Updates eingespielt werden?
- Gibt es einen Supportvertrag, welcher auch Sonderwünsche, die vom Administrator erfüllt werden sollen, bezahlt?
- Ist die Strategie zur Datensicherung, das Sicherheitskonzept und die Serverüberwachung klar?
Hilfe - mein Rootserver will nicht! Was jetzt zu tun ist...
...ist vor allem: Ruhe bewahren! Natürlich sind Kunden verärgert, aber aufgeregte Telefonate bringen letztlich niemanden weiter! Konzentrieren Sie sich auf folgendes:
- Stellen Sie fest, ob es sich um einen Hardwareschaden handelt - dann muss der Provider ran!
- Erreichen Sie die Rootserverkonsole? Erreichen Sie den Server überhaupt? Eventl. klemmt es bloß im Netzwerk des Providers - fragen Sie ihn!
- Läuft der Webserver (apachectrl)?
- Lastet irgendein Prozess den Server maßlos aus (top)?
- Ist noch genügend Festplattenplatz vorhanden (df)?
Wenn der Fehler nicht selbst zu beheben ist, lassen Sie Profis ran! Die Kosten dafür betragen i.d.R. 15-20,00 EUR/Viertelstunde. Beispielsweise: www.linux-administrator.net oder www.server-monitordienst.de - oder greifen Sie zur Selbsthilfe: http://www.rootforum.de/forum/
VIO.Matrix und der (virtuelle) Rootserver
Das Content-Managementsystem VIO.Matrix ist problemlos auf Linux- und MS Windows-Rootservern installierbar. Allerdings ist nicht für jede VIO.Matrix CMS-Website auch wirklich ein eigener Rootserver notwendig! Ein eigener Rootserver für VIO.Matrix lohnt sich vor allem in folgenden Fällen:
- Sie betreiben als Webagentur mehrere CMS für Ihre Kunden und möchten selbst hosten
- ein Websiteprojekt ist sehr komplex und muss auf verschiedene externe Dienste zugreifen
- Sonderfunktionen wie die dynamische PDF-Generierung oder automatische Bildkonvertierung müssen eingebaut werden
Grundsätzlich macht der Betrieb eines eigenen Rootservers nur Sinn, wenn das damit gehostete Web auch wirklich dynamisch ist, d.h. der Content-Integration-Server (CIS) zum Einsatz kommt. Werden mit VIO.Matrix lediglich statische Webseiten generiert, welche auf einen Webserver hochgeladen werden, ist der Einsatz eines Rootservers nur sinnvoll, wenn das betreffende Web:
- extrem stark frequentiert wird
- sehr hohe Datentransfermengen (bspw. durch Downloads) erreicht werden oder
- von der Website unabhängige Dienste (E-Mail, etc.) in Sonderformen eingerichtet werden müssen